FOKO 2013
Blasenschwäche mit 30, 50, 70 – immer ein Problem


7.3.2013 - In Deutschland werden mehr Windeln für Erwachsene verkauft als für Kinder. Die Ursache sind Blasenschwäche und Stuhlinkontinenz. „Rechnet man diejenigen dazu, die zwar noch kein Urin verlieren, aber von ihrer Reizblase drangsaliert werden, sprechen wir von ungefähr sechs Millionen Deutschen, denen einen wesentlicher Teil ihrer Lebensqualität durch diese Erkrankung auf Dauer verloren gegangen ist“, so Dr. med. Rainer Lange, Alzey, auf dem Fortbildungskongress der Frauenärzte FOKO 2013 in Düsseldorf.

Die Folgen der Blasenschwäche sind schwerwiegend:
• Da ist die 30 jährige Mutter, die nach der Entbindung Ihrer Kinder beim Sport, Niessen oder Lachen und auch beim Sex jedes Mal Urin verliert. Der Sport wird aufgegeben, soziale Kontakte reduziert, um keiner Scham ausgesetzt zu sein, und herzhaftes Lachen ist nicht mehr möglich. Sexualität und Partnerschaft leiden erheblich.

• Da ist die 50 Jährige, die merkt, dass nicht nur die Zahl der Falten im Gesicht, sondern auch die Anzahl der Vorlagen deutlich angestiegen ist, die jede Aktivität danach plant, ob unauffällig eine Toilette in der Nähe erreichbar ist und die auf helle Kleidung verzichtet, damit man es nicht gleich sieht, wenn die Vorlagen nicht ausgereicht haben.

• Und da ist die Seniorin mit 70, die Angst vor der Schlange an der Supermarktkasse hat, weil die Gefahr besteht, dass sie eine Pfütze hinterlässt, und die letztlich einen Dauerkatheter bekommt, weil das ständige Wechseln der Vorlagen nicht alltagskompatibel ist. „Das Denken wird vom Harndrang dominiert. Wie soll da in einer solchen Sitation noch Lebensfreude aufkommen?“ fragt Rainer Lange.

„Inkontinenz bringt einem nicht um, aber sie raubt einem das Leben“, so der Frauenarzt. Dieses Leiden ist mit einer dreifachen Sprachlosigkeit behaftet: Die Frauen genieren sich darüber zu reden, die Ärzte wissen nicht, was sie sagen sollen, da dieses Kapitel in ihrer Ausbildung viel zu kurz kam, und die Medien greifen es ungern auf, weil es ein – so Lange – „Schmuddelthema“ ist.

Dabei haben sich die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten auf diesem Gebiet in den letzten Jahren enorm weiter entwickelt. So kann man inzwischen die häufigsten Harninkontinenzarten der Frau medikamentös behandeln. Es gibt eine spezielle Zusatzausbildung für Physiotherapeutinnen, um diesen Patientinnen wirkungsvoll und dauerhaft zu helfen. Und wenn dies nicht ausreicht, stehen eine Anzahl guter Operationsmethoden zu Verfügung, die nicht nur wesentlich erfolgreicher sind als früher, sondern meist ohne Narkose oder Leibschnitt (sog. „Knopfloch-Chirurgie“) mit nur kurzem Krankenhausaufenthalt durchgeführt werden können. Auch das Verständnis für die Ursachen der Inkontinenz hat sich in den letzten Jahren gewandelt: Während man früher annahm, dass hauptsächlich Geburten die Ursache der Blasenschwäche der Frau sind, zeigten neuere Forschungen, dass es mehr angeborene Bindegewebs- und Muskelschwächen, die Veränderungen während der Schwangerschaft sowie die hormonellen Umstellungen in den Wechseljahren sind, die den Boden für die Entstehung einer Inkontinenz legen.

Blasenschwäche ist nicht normal - sie kann und soll behandelt werden

Der Berufsverband der Frauenärzte e. V. (BVF) nimmt sich gemeinsam mit der AG Urogynäkologie und Plastische Beckenbodenrekonstruktion der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (AGUB) dieses Themas intensiv an. So gibt es seit kurzem ein Präventionsprogramm, den „Beckenbodencheck“, der in der Frauenarztpraxis durchgeführt werden kann, und mit dem vor allem junge, werdende Mütter angesprochen werden. Mit diesem Check können Risiken früh erkannt werden, so dass die Vorbeugung und auch die Behandlung rechtzeitig beginnen kann.
Lange fasste pointiert zusammen: „Wir kommen alle inkontinent auf die Welt und die meisten von uns verlassen sie auch so wieder. Wie lange man kontinent bleibt, ist beeinflussbar.“

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Ihr Ansprechpartner:
Dr. med. Rainer Lange, Praxis Dres. Lange-Kiefer-Gollai-Hagen-Hauser Kollegen, Alzey-Bad Kreuznach, Bleichstr. 1, 55232 Alzey.