27. Deutscher Kongress für Perinatale Medizin

1. bis 3. Dezember 2015 in Berlin, City Cube

Thrombosen in der Schwangerschaft – lebensgefährlich und unvermeidbar?



In der Schwangerschaft ist das Gerinnungssystem hoch aktiviert. Das ist ein Schutzmechanismus des Körpers, damit bei Verletzungen oder auch bei der Geburt das Blut schneller gerinnt und nach Ablösung des Mutterkuchens (Plazenta) mit einer großen Wundfläche in der Gebärmutter nicht zu viel Blut verlorengeht. Aber diese Aktivierung hat für manche Frauen negative Folgen: Das Risiko für Blutgerinnsel – Thrombosen – vor allem in den Beinen und für das Weiterwandern dieser Blutpropfen in die Lunge – Lungenembolie – ist in der Schwangerschaft um das Fünffache erhöht, das ist etwa so viel wie durch einige der modernen Pillen.

Besonders hoch ist das Thrombose-Risiko, wenn bereits früher eine solche Erkrankung vorgelegen hat, wenn eine Frau liegen muss oder sich sehr wenig bewegt und wenn die Frau übergewichtig ist, wie Dr. med. Robert Klamroth, Chefarzt der Klinik für Gefäß- und Blutgerinnungs-Erkrankungen in Berlin-Friedrichshain, anlässlich eines Workshops am 01.12.2015 auf dem 27. Deutschen Kongress für Perinatale Medizin erläutert. Bei Übergewicht und Bettlägerigkeit steigt die Thrombose-Wahrscheinlichkeit um den Faktor 60 an; das bedeutet, dass eine von 100 Frauen mit dieser Konstellation in der Schwangerschaft oder im Wochenbett an der massiven Aktivierung ihres Gerinnungssystems erkranken, eine Thrombose oder eine Lungenembolie erleiden wird. Diese Risiken übersteigen die möglichen Gefahren durch die hormonelle Verhütung um ein Vielfaches. Rauchen steigert das Risiko weiter um fast das Dreifache, ebenso Schwangerschaftskrankheiten wie die Präeklampsie oder Zwillingsschwangerschaften.

Sind während der Geburt schwere Blutungen aufgetreten, oder wurde ein Kaiserschnitt vorgenommen und kann die Frau nach der Geburt nicht aufstehen und genug herumlaufen, so führt die aktivierte Blutgerinnung auch im Wochenbett gehäuft zu Thrombosen.

Auch von typischen Schwangerschaftskrankheiten wie der Präeklampsie wird angenommen, dass es in manchen Fällen Mikro-Blutgerinnsel in den Blutgefäßen der Plazenta sind, die bereits früh in der Schwangerschaft die Krankheit auslösen können. Um das Kind trotz der Verstopfung der Blutgefäße weiter ausreichend mit Blut zu versorgen, erhöht der Körper den Blutdruck immer weiter, bis es zu lebensgefährlichen Blutdruck-Krisen kommen kann. Trotzdem bleiben diese Kinder oft zu klein, weil sie durch die Plazenta zu wenige Nährstoffe bekommen.

Deshalb gibt es immer neue Konzepte, um die hochaktive Blutgerinnung bei diesen Frauen wieder zu beruhigen. Eine bewährte Strategie bei Frauen, die schon eine Präeklampsie hatten oder bei denen sich schon in den ersten Schwangerschaftswochen eine Präeklampsie abzeichnet, ist die tägliche Einnahme von sehr niedrig dosierter Acetylsalicylsäure, begonnen so früh wie möglich und über die gesamte Dauer der Schwangerschaft bis zur 36. Schwangerschaftswoche. Bei Schwangeren mit einem deutlich erhöhten Thromboserisiko nach der Entbindung (schon unter normalen Umständen ist in der Zeit nach der Geburt das Risiko für Thrombosen um das 20fache erhöht) wird das Spritzen von Heparinen oder Heparin-Abkömmlingen bis zu drei Wochen lang nach der Geburt empfohlen, bei besonders hohen Risiken auch bis sechs Wochen nach der Geburt oder darüber hinaus, wie Prof. Dr. Dr. med. Holger Kiesewetter vom Haemostaseologicum Berlin auf dem Kongress ausführt. Würde in diese Situation keine Heparinisierung vorgenommen, dann würde das in Deutschland immer noch jedes jahr bei 40 bis 80 Frauen zu einer tödlichen Lungenembolien nach der Geburt führen. Besonders wichtig ist es aber, dass die Frauen viel laufen, sich viel bewegen, und dass die Kompression des betroffenen Beines wirklich sorgfältig und täglich durchgeführt wird. Das alles trägt entscheidend dazu bei, dass eine Thrombose so gründlich wie möglich ausheilen kann.

Eine unbehandelte Thrombose dagegen kann zu einem immer stärkeren und sehr schmerzhaften Anschwellen des betroffenen Beines führen, oder es können Teile des Blutgerinnsels sich losreißen und in andere Regionen des Körpers geschwemmt werden, etwa die Lunge. Dies alles sind schwere und oftmals lebensbedrohliche Komplikationen, die es zu verhindern gilt, wenn möglich dadurch, dass die Schwangere von Anfang an alle Risiken so weit wie möglich beseitigt.

27. Deutscher Kongress für Perinatale Medizin
1.-3. Dezember 2015
City Cube Berlin
Pressestelle: DGPM-Stand C04, Ebene A